Entschuldigungen haben viele Gesichter

Meine Tochter z.B. entschuldigt sich nur zum geringen Teil deshalb, weil sie einen Fehler eingesehen hat. Eher bittet sie um Verzeihung, um einer von mir verhängten Strafe zu entgehen, mich gnädig zu stimmen. Meist war das Vergehen nicht so schlimm, so dass ich auf ihre Entschuldigung eingehe, unser Leben geht danach so weiter, wie es vorher war. Nur ganz selten schafft sie es, mich so zu ärgern, dass ich ihre Entschuldigung zuerst nicht annehme, sondern sie mir schon zeigen muss, dass es ihr wirklich leid tut.

Andere wiederum sind darauf trainiert, sich ständig und für alles zu entschuldigen - dies liegt darin begründet, dass man ihnen für alles und jedes die Schuld in die Schuhe schiebt, sie sich irgendwann selbst schuldig an allem fühlen und denen das Entschuldigen bereits zur zweiten Natur geworden ist. Durch die 8 Jahre mit meinem Ex bin ich zu so einem Menschen geworden: er war nie etwas schuld, verdrehte die Tatsachen so, dass mich die Schuldgefühle völlig auffraßen. Wenn ich mich entschuldige, meine ich es immer bitterernst.

Dann gibt es Menschen, die ständig einen Fehler nach dem anderen machen, die Menschen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, verletzen. Tatsächlich sehen sie zunächst ihre Schuld ein und bitten aufrichtig um Verzeihung. Traurig ist jedoch, dass schon nach kurzer Zeit alles wieder vergessen ist und das alte Spiel von vorne anfängt - aber eine Entschuldigung wird schon wieder alles ins Lot bringen.

Außerdem gibt es Menschen, die nur um Verzeihung bitten, um die Form zu wahren, sich wieder ins rechte Licht zu setzen. Diesen Menschen unterstelle ich Unaufrichtigkeit, denn eigentlich tut ihnen das, was gewesen ist, gar nicht leid.

Ein Extremfall sind Menschen, die nie gelernt haben, um Verzeihung zu bitten. Dies sind Menschen, die nicht einsehen, Fehler gemacht zu haben, andere verletzt zu haben. Mit einem solchen Exemplar war ich 8 Jahre lang zusammen - in all den Jahren hab ich von ihm kein ernst gemeintes "es tut mir leid" gehört.

Ich versuche meiner Tochter zu vermitteln, sich so zu verhalten, dass Entschuldigungen gar nicht notwendig sind. Aus diesem Grunde bemühe ich mich selbst, schon im voraus an die Konsequenzen meines Tuns zu denken, mich in den Menschen, den ich eventuell damit verletzen könnte, hineinzuversetzen und darüber nachzudenken, wie ich mich fühlen würde, wäre ich von diesem Tun betroffen.

Sich so zu verhalten, erfordert jedoch eine gewisse Disziplin und nicht immer ist es im Überschwang der Gefühle möglich, sich daran zu halten. Und deshalb wird es noch ein großes Stück Arbeit bedeuten, bis ich dieses Verhalten wirklich verinnerlicht habe.

Unnötig zu erwähnen, dass mir die Menschen, die dieses Verhalten immer beherzigen, die Liebsten sind.
Seelenleben
YunaShaian - 2006.11.08, 20:25

Ich drücke dir die Daumen, dass du dieses Ziel erreichen kannst! Leider bin ich selbst zu impulsiv und die Maxime "Erst denken, dann redene" beherzige ich leider nicht immer.
Von Herzen viel Erfolg und viele liebe Grüße,
Yuna

SingleMama - 2006.11.09, 07:59

Danke, liebe Yuna. Auch Dir alles gute und ganz liebe Grüße *umarm*
wolfskraut - 2006.11.09, 07:38

Denke nicht, ...

... dass es viele davon gibt, die das immer durchhalten können. Eher ist es so, daß die meisten sich überhaupt nicht entschuldigen können. Von daher ist eine entschuldigung immer eine leistung. Und beurteilen, ob das aufrichtig oder nicht gemeint ist, kann man das nur, wenn man jemanden gut kennt.

SingleMama - 2006.11.09, 08:00

mir kommt es so vor, als seien die meisten Entschuldigungen reine Höflichkeitsfloskeln - sie gehören dazu und machen wieder gutes Wetter
Die wenigsten Entschuldigungen kommen aus Einsicht oder Respekt vor dem Gegenüber.
wolfskraut - 2006.11.09, 08:19

Die wenigstens entschuldigungen kommen überhaupt. Und du hast ja wirklich die wahl zu sagen, ich nehme die entschuldigung nicht an, wenn das verhalten für dich wirklich so absolut unentschuldbar ist. Aber das sollte man sich wirklich gut überlegen ... der schuss kann auch nach hinten losgehen.
SingleMama - 2006.11.09, 08:29

das kommt natürlich auf die Situation an.
wenn ich z.b. sehe, daß Täter, die Kindern Gewalt angetan haben (in welcher Form auch immer), sich hinterher vor Gericht bei den Eltern entschuldigen, da könnte ich brechen. Diese Entschuldigungen kommen nur, um das Strafmaß nach Möglichkeit zu mindern - die Taten jedoch sind völlig unentschuldbar.

In weniger schweren Fällen sollte man als Betroffener sicher auch einmal kräftig schlucken ... für alle Beteiligten ist es sicherlich besser.
wolfskraut - 2006.11.09, 08:38

Das sehe ich auch so. Es gibt mit sicherheit dinge, die tatsächlich unentschuldbar sind. Da muss man dann aber aufpassen, daß man nicht abgleitet in den bereich der rache. Und da sehe ich dann oft ein problem, weil man irgendwann nicht mehr trennt und plötzlich selber vor dem problem steht, sich entschuldigen zu müssen. Mir fällt dazu immer wieder die Geschichte mit der Ehebrecherin ein "wer von euch ohne sünde ist, der werfe den ersten stein". Und ich denke halt wirklich, man kann nur sicher entscheiden, wie ehrlich eine entschuldigung ist, wenn man jemanden gut kennt.
Du wirst schon die richtige entscheidung treffen - die für dich richtige entscheidung.
armamac - 2006.11.09, 07:48

Ist es denn nicht so, dass man sich gar nicht entschuldigen kann? Wie das Wort ent-schuld-igen (keine korrekte Trennung, ich weiss) ja schon sagt, geht es doch darum, dass mir jemand die mit Schuld belegten Taten, Worte ent-schuldigt. Als die Schuld davon entfernt ... So gesehen kann ich eigentlich nur beim/bei den Betroffenen um eine Entschuldigung bitten. Ansonsten würde ich mich ja selbst von der Schuld, die ich angetan habe, befreien. Und ob das den "Beschuldigte" auch tatsächlich recht ist?

SingleMama - 2006.11.09, 08:03

wenn man es so wortwörtlich sieht, ist das natürlich richtig, man kann nur um Entschuldigung bitten. Aber viele denken wohl doch, daß mit diesem Wort "entschuldige" schon alles erledigt ist.
armamac - 2006.11.09, 08:13

das ist die situation, in der ich dann gerne einfach mal "NEIN" sage. die reaktionen darauf sind ebenso unterschiedlich wie erstaunlich …
SingleMama - 2006.11.09, 08:15

das glaube ich - denn eigentlich erwartet man auf seine Bitte um Entschuldigung wie selbstverständlich ein JA
schon daran sieht man, daß die Entschuldigung zur Floskel verkommen ist
Parker - 2006.11.09, 07:59

Ich bin ein sturer Bock, solange ich der Meinung bin, im Recht zu sein, kämpfe ich auch darum.

Aber wenn ich eingesehen habe, dass ich einen Fehler gemacht habe, kommt die Entschuldigung von Herzen.

SingleMama - 2006.11.09, 08:04

stur bin ich auch *gg*
Und manchmal ist das Einsehen des Fehlers, die schwierigste Übung.
a998524 - 2006.11.10, 09:37

Es gibt zwei Seiten. Die Seite der Reuhe, Einsicht und des aufrichtigen um Vergebung bitten. Die andere Seite ist die Seite der Vergebung, des aufrichtigen Liebens und Erkennens.

Darum glaube ich nicht, dass es eine Entschuldigung und eine Annahme der Entschuldigung gibt. Dies ist reine Formsache, in jedem Fall. Der Prozess der dahinter steckt ist das entscheidende. Und dieser hat eben zwei Seiten, die losgelöst voneinander funktionieren. Wenn also jemand aufrichtig einsieht und Liebe empfindet für sein Opfer, spielt es keine Rolle mehr ob ihm das Opfer auch vergeben kann. Umgekehrt ebenfalls. Was nicht heissen soll, dass man sich auf der Nase herumtanzen lassen muss, respektive über Leichen gehen kann, weil sowiso alles wieder aufgelöst werden kann. Schliesslich ist ein ehrlicher Prozess auch immer etwas schmerzhaftes, für beide Seiten.

SingleMama - 2006.11.10, 09:53

Um dies jedoch wirklich zu erkennen, sollte die Bitte um Entschuldigung ausgesprochen werden. Genau so wie die schönen drei Worte "Ich liebe Dich". Und beides sollte von Herzen kommen.

Hinterher zu sagen, daß der Andere es doch gewusst haben muss, hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.
a998524 - 2006.11.10, 10:05

Natürlich brauchen wir auch Worte. Schliesslich leben wir mit ihnen. Aber Worte sind ja wie du bemerkt hast nicht das Entscheidende. Das von Herzen kommen ist der Punkt.

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