Vor beinahe einem Jahr verliebte ich mich. Unmerklich nur, selbst wollte ich es lange Zeit nicht wahrhaben. Denn worin hatte ich mich verliebt? In ein Bild, in geschriebene Worte, Zeilen und Absätze, in eine Person, der ich nie begegnet und deren Leben, Art und Charakter mir völlig fremd waren.
Mein von D. tief verletztes und mit Narben übersätes Herz reagierte mit Panik und Angst auf diese Erkenntnis. Die Angst, möglicherweise wieder so verletzt zu werden, war übermächtig, ließ mich vorsichtig werden und recht nüchtern die Sache angehen. Ein leises Ertasten des Terrains ließ mir keine Hoffnung auf Gegenliebe, meine in Normalität verpackten Gefühlsäußerungen erfuhren nicht die leiseste Erwiderung.
Tief traurig zog ich mich immer weiter zurück, verschloss mein sich zaghaft geöffnetes und nun mit weiteren Narben versehenes Herz wieder völlig und fügte zum besseren Schutz noch einen weiteren Panzer hinzu, den ich eigentlich nie wieder öffnen wollte.
SingleMama - 2006.06.15, 16:43
Seelenleben
Von Natur aus bin ich ein eher stiller und zurückgezogener, teilweise sogar sehr distanzierter Mensch. Undenkbar für mich, in einen Raum voller fremder Menschen zu kommen und sich direkt am Geschehen zu beteiligen. Eher geselle ich mich unauffällig an den Rand der Runde, bilde mir einen ersten Eindruck aller Anwesenden und picke mir mit Bedacht die heraus, von denen ich das Gefühl habe, wir könnten - egal auf welche Weise - harmonieren. Ob mir jemand sympathisch ist, stelle ich meist innerhalb der ersten Minute fest.
Dabei können dies ganz unterschiedliche Typen Mensch sein: einerseits die ganz Stillen, deren seltene Äußerungen jedoch ein großes Potential an Wortwitz offenbaren. Andererseits auch die ganz lauten, schrillen Typen, die trotzdem ein gewisses Maß an Intelligenz an den Tag legen und deren Gegensätzlichkeit zu mir mich magisch anzieht und meine ansonsten ruhige Art herausfordert.
Mein erster Eindruck trügt mich nur selten und hilft mir, den Menschen, bei denen mir von Anfang an bewusst ist, daß keinerlei gemeinsame Basis besteht, völlig aus dem Weg zu gehen. Mehr als Höflichkeit bringe ich ihnen nicht entgegen, was mir jedoch oft den Ruf einbringt, arrogant und überheblich zu sein. Aber sinnloser Smalltalk jedweder Art ermüdet mich und erscheint mir als wenig sinnvoll.
Aus diesem Grund schließe ich nur sehr schwer Freundschaften. Selbst meinen Bekanntenkreis reduziere ich auf ein übersichtliches Mindestmaß. Auch echte Freunde besitze ich nur sehr wenige. Doch bei meinen beiden besten Freundinnen fühle ich mich aus verschiedensten Gründen unheimlich wohl.
Da ist einerseits A.: genau wie ich ein eher stiller und vorsichtiger Typ. Unsere Treffen beginnen meist ruhig und gelassen, wir plänkeln ein wenig herum und sitzen dann urplötzlich in den ernsten Theman, die wir von allen Seiten beleuchten und zu entwirren versuchen. Hat sich dadurch eine gewissen Anspannung oder Traurigkeit in uns breitgemacht, müssen wir diese spontan wieder loswerden. Gehen wir dann auf die Rolle, drehen wir beiden Stillen so richtig auf und sind praktisch nicht wiederzuerkennen. Uns beiden tut der Wechsel ins lebhafte Fach enorm gut, wissen wir doch, daß wir innerhalb kürzester Zeit wieder zur Normalität zurückkommen.
Andererseits G.: schrill, laut, ordinär, gekleidet in Lack und Leder, immer darauf aus, die Umwelt zu schockieren. Ob wir nun ein lockeres oder ein ernstes Thema besprechen, ein Unterschied ist dabei kaum zu erkennen. Mit ihr zusammen gehe ich innerhalb weniger Sekunden von 0 auf 100, passe mich ihrer Art ein wenig an, lasse die Schlampe raushängen - auch eine Seite an mir, die mir hin und wieder gefällt.
Doch manchmal bin ich mir selbst gut genug, genieße ich Stille und Ruhe, froh, kein Wort reden zu müssen. Dann bin ich mir einfach selbst am sympathischsten.
SingleMama - 2006.06.15, 12:49
Seelenleben