Ein halbes Jahr ...

... so lang ist die Warteliste der Psychologen, bei denen ich mich nach einem Termin erkundigt habe. Sechs Monate lang werde ich mich demnach noch alleine mit meinem Problem auseinandersetzen müssen - vielleicht habe ich es auch bis dahin alleine gelöst. Oder zumindest wieder erfolgreich verdrängt.
Nein, nein, diesmal mache ich keinen Rückzieher mehr - ich werde mit psychologischer Hilfe an mir arbeiten.

Schuldgefühle sind der Auslöser der Depression, die mich schon seit Jahren gefangen hält. Wie lange sie bereits anhält, habe ich noch nicht einmal dem Psychologen verraten. Irgendwie kam ich mir so dumm vor.

Ich fühle fühlte mich schuldig, daß ich vor zehn Jahren meinen Mann verlassen habe. Zugegeben, die Trennung ging tatsächlich von mir aus - ganz unschuldig war er jedoch nicht daran.

Und alles das, was mir seitdem mit Mottes Vater passiert ist, sehe sah ich als gerechte Strafe für meine "Sünde" an. Selbst Schuld, du hättest ihn ja nicht verlassen und so verletzen müssen ...

In Zeiten der Klarheit, fragte ich mich jedoch immer wieder, wann diese Schuld endlich einmal beglichen ist. Selbst Mörder bekommen bei dem Schuldspruch Lebenslänglich nur 15 Jahre aufgebrummt. Einen Mord habe ich jedoch nicht begangen - zumindest nicht an meinem Ex-Mann.

Nun versuche ich mir immer wieder zu verinnerlichen, daß die Welt nicht gerecht ist - ich wurde nicht bestraft. Sondern das, was mir geschehen ist, war einfach nur Scheiße.

Am Abend, nach dem Therapiegespräch durchfuhr es mich dann endlich wie ein Blitz: Mottes Vater ist ein riesengroßes Arschloch. Was er in all den Jahren unter dem Deckmantel der Liebe mit mir gemacht hat, war eine elendige Schweinerei. Und auch der Mann, dem ich im letzten Jahr mein Herz geschenkt habe, ist im Grunde ein Arschloch. So leid es mir tut, dies sagen zu müssen.

Als ich dies endlich erkannt habe, empfand ich eine wahnsinnig große Wut. Merkwürdigerweise jedoch nicht auf die Arschlöcher - sondern auf mich. Auf mich, weil ich dies so lange zugelassen habe. Schon wieder Schuldgefühle?

In den drei Wochen habe ich mich von einigem befreien können: von dem Mantel des Schweigens, den ich bisher über die letzten 10 Jahre gehängt habe. Es fiel mir leichter, zu erzählen, meine Gefühle darüber auszudrücken. Und dabei hin und wieder Wut auf die Arschlöcher zu empfinden.

Auch von meinem letzten großen Herzschmerz konnte ich mich lösen. Die Formel, der Schmerz dauert immer halb so lang, wie die Beziehung, scheint zu stimmen - ein halbes Jahr hat es immerhin gedauert.
Gestern z.B. habe ich letzte "Reliquien" dieser Beziehung zu Grabe getragen: eine Zahnbürste und ein Rasierer landeten ohne eine Träne darüber zu vergießen, im Mülleimer. In den letzten sechs Monaten haben sie mich jeden Tag an meine Hoffnung erinnert, daß eine Rückkehr möglich ist. Jetzt hab ich es endlich kapiert.

Geblieben ist der Ring. Merkwürdig - an Ringen hängt mein Herz. Meinen Ehering habe ich noch viele Jahre nach der Scheidung getragen, bis ich in der Schwangerschaft so viel Wasser eingelagert hatte, daß ich Ringe nicht mehr ertragen konnte. Seitdem liegt er in meinem Schmuckkästchen. Und er erinnert mich nur noch an glückliche Zeite.
Die Ohrringe, die ich am Anfang der Beziehung von Mottes Vater bekommen habe, lege ich selten ab. Irgendwie zeigen sie mir, daß die acht Jahre zusammen nicht nur schlecht waren.
Der Ring an meiner linken Hand wird noch lange bleiben. Er erinnert mich an die größte Liebe, die ich bisher in meinem Leben empfunden habe. Und was ebenfalls immer bleiben wird, ist die tiefe Zuneigung und Freundschaft, die ich noch immer empfinde, auch wenn ich mich im Moment aus Angst vor einem "Rückfall" etwas bedeckt halte.

Ob ich noch einmal Liebe empfinden kann? Im Moment erscheint es mir noch unmöglich. Ich habe gelernt: Liebe ist Schmerz. Deshalb wehre ich mich dagegen und habe eine hohe Mauer um mein Herz errichtet.

Untypisch für mich. Ich bin ein Mensch, der unglaublich gerne liebt und gibt. Dem nichts mehr bedeutet, als das Gefühl geliebt zu werden - vielleicht auch ein wichtiger Bestandteil meines Problems.

Vielleicht kommt irgendwann der Ritter in der silbernen Rüstung, der die Mauern um mein Herz einreißt und mir die Liebe wieder schenkt.
Vielleicht kommt die Liebe irgendwann auch so langsam und schleichend, daß ich es erst bemerke, wenn mein Herz bereits in Flammen steht.

Irgendwann ...
Seelenleben
KoeniginvonEschnapur - 2007.07.15, 18:32

Wer deckt dich mit Rosen zu ?
Wer kämpft für dich mit Kängurus ?
Wer wird verrückt, von deinem Blick ?
Wer baut Kathedralen für dich ?
Wer leidet gern Qualen für dich ?

Sag welcher Mann, tut was er kann,

Wer legt wenn´s sein muß dir ein Ei ?
Wer schmilzt für dich den Nordpol frei ?
Wer will sein Leben nur für dich geben ?
Wer wird für dich zu Tier ?
Wer findet das "G" in dir ?

zuckerwattewolkenmond - 2007.07.15, 19:22

Ach weißt du,

es ist gar nicht nötig, alte Reliquien wegzuschmeißen, wenn das Herz noch daran hängt. Schließ sie gut weg, in ein Schatzkästlein, wo sie dir nicht unter die Augen kommen, bevor du dazu bereit bist, und wenn du drüber weg bist, dann sind sie meist ein schönes und amüsantes Andenken, sowohl an die guten Zeiten, als auch an die schlechten, die du selbst erfolgreich überwunden hast.
Jedenfalls wünsche ich dir, dass du deine Depression bald in den Griff bekommst. ;o)

woman - 2007.07.15, 20:32

300 €

haben mich 2 Therapiestunden gekostet; 2 Std. habe ich über meinen EX gesprochen, aber besser fühlte ich mich danach nicht, also Therapie abgebrochen. Besser, ich hätte ihm gesagt, dass er ein Arschloch ist!

Iggy - 2007.07.15, 21:31

ach, die kommt schon, die liebe.
und es gibt bestimmt genug männer, die dich zu schätzen und zu respektieren wissen. ;)

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